Eine deutsche GmbH kann unter bestimmten Umständen z.B. das luxemburgische Insolvenzrecht gemäß der europäischen Insolvenzverordnung (EU-Insolvenzverordnung Nr. 2015/848) in Anspruch nehmen, indem sie ihren Sitz oder ihr Center of Main Interests (COMI) nach Luxemburg verlegt. Die wichtigsten Bedingungen dafür sind wie folgt:
1. Verlegung des COMI (Center of Main Interests):
Das COMI ist der Ort, an dem der Schuldner gewöhnlich seine geschäftlichen Aktivitäten ausübt und der für Dritte als der hauptsächliche Ort der Verwaltung erkennbar ist. Das COMI ist entscheidend, da der Staat, in dem es sich befindet, für die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens gemäß der europäischen Insolvenzverordnung zuständig ist.
Um z.B. luxemburgisches Insolvenzrecht in Anspruch nehmen zu können, müsste die GmbH ihr COMI nach Luxemburg verlegen. Dies bedeutet:
Erkennbarkeit für Dritte: Die Geschäftstätigkeit der GmbH sollte für Gläubiger und Geschäftspartner erkennbar hauptsächlich in Luxemburg stattfinden. Dies kann durch Verlegung des Verwaltungssitzes oder durch überwiegende Geschäftstätigkeit in Luxemburg geschehen.
Substanzielle Geschäftstätigkeit: Es müssen wesentliche geschäftliche Entscheidungen und Tätigkeiten von Luxemburg aus getroffen und ausgeführt werden.
2. Sitzverlegung (Verwaltungssitz):
Neben der Verlagerung des COMI kann die GmbH ihren Verwaltungssitz nach Luxemburg verlegen, um ebenfalls den Anwendungsbereich des luxemburgischen Insolvenzrechts zu erreichen. Dies könnte beispielsweise geschehen durch:
Gründung einer Tochtergesellschaft oder einer neuen Hauptniederlassung in Luxemburg, von der aus die Geschäfte tatsächlich geführt werden.
Offizielle Umregistrierung des Unternehmens in Luxemburg (SARL).
3. Zeitrahmen und Ernsthaftigkeit der Verlegung:
Eine bloße pro-forma-Verlegung reicht nicht aus. Die Verlegung muss real und dauerhaft erfolgen, und das COMI muss tatsächlich und nachweisbar in Luxemburg sein. Gerichte prüfen dabei:
Die Dauer der Geschäftstätigkeit in Luxemburg.
Wo die Geschäftsführung und administrative Tätigkeiten durchgeführt werden.
Die Art der Verbindungen zu den Gläubigern und Geschäftspartnern.
4. Rechtsfolgen einer COMI-Verlegung:
Sobald das COMI der GmbH nach Luxemburg verlegt wurde, kann ein luxemburgisches Gericht gemäß der EU-Insolvenzverordnung ein Hauptinsolvenzverfahren nach luxemburgischem Insolvenzrecht eröffnen. Dieses Verfahren hätte in der Regel eine grenzüberschreitende Wirkung, d.h., es würde in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anerkannt.
Fazit:
Eine GmbH kann beispielsweise das luxemburgische Insolvenzrecht in Anspruch nehmen, wenn sie ihr COMI oder ihren Verwaltungssitz effektiv nach Luxemburg verlegt. Die Verlegung muss dabei substanziell und für Dritte erkennbar sein, um zu vermeiden, dass es sich nur um einen formalen Versuch handelt, das günstigere Insolvenzrecht eines anderen Landes zu nutzen. Solange das COMI in Luxemburg liegt, kann ein luxemburgisches Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden, das dann EU-weit anerkannt wird.
Diese Möglichkeit kann naturgemäß in jedem beliebigen EU‒Staat in Anspruch genommen werden.
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